Erstmals sind die Themen Waldbau und Jagd und deren gemeinsame Ziele in einem Leitfaden festgehalten. Aargauer Jäger erhielten dazu am Freitag in Unterlunkhofen auf einem Rundgang Einblicke in die Forstwirtschaft. Klicken Sie auf das Bild, um die Broschüre einzusehen. Viel Spass beim Lesen:

Es ist ein lauer Spätsommerabend, die sinkende Sonne glitzert durchs Blätterdach und rund 30 Jäger schreiten über die Pfade des Waldstücks Bärhau. Sie folgen der Spur von Revierförster Christoph Schmid, der für den Forstbetrieb Mutschellen auch jenes Waldgebiet in Unterlunkhofen pflegt. Schmid zeigt den interessierten Waidmännern einige Holzkonstrukte auf einer Waldlichtung. 27 solcher Schutzbauten hat der Forstbetrieb in Zusammenarbeit mit der Jagdgesellschaft erbaut. «Hier ging der Hirsch die jungen Eichenpflanzen an», erklärt Schmid den Zuhörern. «Über die normalen Baumschutzgitter kann der Hirsch nur lachen, hier musste etwas Gröberes her.»

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Die Schutzbauten auf der gut einen Hektar grossen Fläche sind das perfekte Beispiel für eine gelungene Zusammenarbeit zwischen den Forstbetrieben und der Jägerschaft. Denn, um eine stetige, artenreiche und naturgemässe Waldverjüngung – also die ökonomische und nachhaltige Bewirtschaftung des Waldes – zu erreichen, ist eine Absprache zwischen den Jagdgesellschaften, der Gemeinde und dem zuständigen Förster unerlässlich. Und genau dieses Wissen ist im Kanton Aargau nun erstmals in der Broschüre «Gemeinsam für den Wald – Waldbau für interessierte Jäger» zusammengefasst worden.

Der Anstoss zum Leitfaden kam gemäss Theo Kern, Geschäftsführer von WaldAargau, von Waldeigentümern in der Region Freiamt-Lenzburg. Genauer war es Erwin Jansen, hiesiger Kreisförster im Ruhestand, der den Stein ins Rollen brachte. Für Jansen war die Kommunikation zwischen Jägern und Förster seit jeher elementar, sodass es nicht verwundert, dass er schliesslich die Projektleitung für die neue Broschüre übernahm. Auch für Revierförster Schmid ist klar, dass das Miteinanderreden der Schlüssel zu einer erfolgreichen Planung und Bewirtschaftung «seines» Waldes ist. «Wenn wir in einem bestimmten Waldabschnitt viel Verjüngung wollen», erklärt Schmid, «gehen wir auf die Jagdgesellschaft zu.» Wird dann im entsprechenden Gebiet viel Wild erlegt, können sich weitaus mehr Jungpflanzen durchsetzen und zu stattlichen Bäumen gedeihen.

Dank der guten Arbeit der Jäger bereiten Schmid die Wildtiere im Bärhau auch viel weniger Sorgen als eine ganz andere Bedrohung: der Klimawandel. «Bei einem gesunden Baum sieht man nicht durch die Krone durch», sagt der Revierförster und blickt besorgt zu den Wipfeln hoch, durch welche gelegentlich ein Stück himmelblau schimmert. Die Buche etwa habe je länger, je mehr Mühe mit der globalen Erwärmung, da sie viel Wasser benötige. Und den Eschen mache eine Pilzkrankheit aus Ostasien zu schaffen.

Klimawandel, Schädlinge und Sturmschäden bereiten Sorgen

Auch der Befall durch Borkenkäfer oder Sturmschäden würden immer wieder für Einbussen beim Waldbestand sorgen. Um diesen Umständen zu begegnen, müsse die Forstwirtschaft weit vorausplanen und auch ein wenig mit der Natur experimentieren, wie Schmid erklärt. «Mein Idealbild eines Waldes ist ein Dauerwald mit einer möglichst grossen Vielfalt an Baumarten.» Dieser mache aber ein ständiges Eingreifen durch den Forstbetrieb nötig, was wiederum vieler Absprachen mit den Jagdgesellschaften bedürfe. «Wir Förster und Jäger reden gerne viel», scherzt Schmid gegen Ende des Waldrundgangs. «Wir reden aber nicht nur, wir handeln auch.» So schätze er den guten Draht zu den Jagdgesellschaften unendlich und sehe den Erfolg dieser Kooperation jeden Tag bei der Arbeit. Schmid schliesst mit den Worten: «Ich bin sehr froh, dass dieses Pilotprojekt in unserem Wald seine Premiere feiert.»

Pilotprojekt in Unterlunkhofen ist nur der Anfang

Die Präsentation in Unterlunkhofen soll aber nur der Anfang sein. Bereits für Anfang September ist ein weiterer Anlass für interessierte Jäger in Gränichen geplant, wie Theo Kern verrät. Auch in Suhr soll die Broschüre vorgestellt werden, ein Termin dafür stehe aber bis jetzt nicht fest.

Beim anschliessenden gemeinsamen Bräteln mit Waldhornmusik vor der Holzlagerhalle lässt es sich auch Rainer Klöti, Präsident von JagdAargau, nicht nehmen, einige Worte an die Teilnehmer zu richten. «Auch wir Jägerinnen und Jäger müssen uns auf die Veränderungen im Wald einstellen», erklärt Klöti treffend. Man wolle lernen, den Fokus nicht nur auf das Wildbret zu richten, sondern auch auf den Wald als vielfältiges Biotop. «Zu dieser Vielfalt wollen wir als Jäger unseren Beitrag leisten. Und das neue Handbuch ist ein notwendiges Mittel dafür.»

Neobiota (Neophyten, Neozoen)

Neobiota ist der Sammelbegriff für Pflanzen (Neophyten) und Tiere (Neozoen), die nach der Entdeckung von Amerika (1492 n. Chr.) unter Mitwirkung des Menschen nach Europa eingebracht wurden, entweder absichtlich (eingeführt) oder versehentlich (eingeschleppt). 

Einige wenige Pflanzen und Tiere breiten sich hier ohne ihre natürlichen Feinde und Krankheiten besonders schnell aus und beeinträchtigen die einheimische Flora und Fauna oder gefährden Mensch und Umwelt. Sie werden als „invasiv“ bezeichnet. Invasive Neobiota bedrohen die einheimische Artenvielfalt, beeinträchtigen Ökosysteme, verursachen Probleme auf landwirtschaftlich genutzten Flächen, gefährden die Gesundheit der Bevölkerung und verursachen Schäden an Infrastrukturen. Schon heute ist der volkswirtschaftliche Schaden beträchtlich. Je länger mit Gegenmassnahmen zugewartet wird, desto teurer werden diese in Zukunft. Gebietsfremde Pflanzen und Tiere, die sich bei uns stärker ausbreiten als in ihrer Heimat, können verschiedene Probleme bereiten.

Invasive, gebietsfremde Pflanzen (Neophyten)

Die Schweizer Flora zählt heute gegen 600 gebietsfremde Pflanzen, sogenannte Neophyten. Von diesen verhalten sich 10 % invasiv, so etwa der Japan-Knöterich oder die Kanadische Goldrute.

Invasive, gebietsfremde Tiere (Neozoen)

Etwa eine von 1000 neu eingebrachten Tierarten, sogenannte Neozoen, verhält sich in der Schweiz invasiv. Derzeit gibt es in der Schweiz und im angrenzenden Ausland rund fünfzig invasive Neozoen. Unter den Säugetieren ist wohl die Wanderratte das bekannteste Beispiel: Sie reiste mit dem Menschen rund um den Globus. Neozoen zeigen oft in der neuen Umgebung eine völlig andere Populationsentwicklung als in ihren angestammten Gebieten. Meist fehlen ihre natürlichen Feinde und sie können einen starken Einfluss auf die einheimische Fauna haben, z.B. Grauhörnchen oder Nilgans. In der Schweiz befinden sich auch Raubtiere unter den Neozoen: Der Waschbär und der Marderhund.

Neben den Neozoen gibt es auch Tiere, welche ihr Verbreitungsgebiet auf natürliche Weise erweitern. So können Veränderungen des Klimas oder anderer ökologischer Bedingungen es einer Art ermöglichen, ein neues Gebiet zu besiedeln. Ein Beispiel für dieses Phänomen ist der Goldschakal.

Wald-Knigge

Den Wald-Knigge gibt es als Video. Cartoonist Max Spring und seine Tochter Anna Lena Spring haben die Zeichnungen aus dem Flyer animiert, mit Waldgeräuschen und Gitarrenklängen untermalt und zu einem stimmigen Kurzfilm komponiert.

Auf Initiative der Arbeitsgemeinschaft für den Wald haben 20 nationale Organisationen zehn Tipps für einen respektvollen Waldbesuch erarbeitet. Mit einem Augenzwinkern werden die Wald besuchenden aufgefordert, ein paar einfache Hinweise zu beachten.

Immer mehr Menschen erholen sich im Wald. Dabei treffen ganz unterschiedliche Ansichten und Motivationen aufeinander. Das kann zu Konflikten führen: zwischen Wald besuchenden und dem Ökosystem, zwischen Wald besuchenden untereinander sowie zwischen Wald besuchenden und Waldeigentümerschaft. Der Wald-Knigge soll zu einem friedlichen Nebeneinander beitragen. 

∠ Download des Flyers und des Plakats

∠ Arbeitsgemeindschaft für den Wald

Waldbenutzung

Gemäss Schweizer Zivilgesetzbuch ist das Betreten von Wald jedermann gestattet; der Wald ist somit der Allgemeinheit zugänglich. Einschränkungen der allgemeinen Zugänglichkeit des Waldes durch Einzäunungen oder andere Massnahmen sind nur dann zulässig, wenn dies für bestimmte Waldflächen im öffentlichen Interesse notwendig ist, beispielsweise zum Schutz von Waldverjüngungen oder seltenen Pflanzen.

Das Wanderwegnetz dient vorwiegend der Erholung im Freien und liegt in der Regel ausserhalb des Siedlungsgebietes. Es führt unter Einbezug von naturkundlichen und historischen Sehenswürdigkeiten durch den Wald und die Landschaft des ganzen Kantonsgebietes. 

Im Wald gilt ein Fahrverbot für Motorwagen, Motorräder und Motorfahrräder. Das Reiten und das Velofahren sind auf Waldstrassen und Waldwegen grundsätzlich zulässig. Massgebend sind die Waldstrassenpläne der Gemeinden. Das Befahren des Waldbodens – Trampelpfade inbegriffen – ist ausgeschlossen oder nur in bewilligten Ausnahmefällen gestattet. 

Der Forst braucht die Jagd

In verschiedenen Regionen der Schweiz steht die Waldverjüngung zunehmend unter Druck von Wildhuftieren. Der schweizerische Forstverein appelliert an Förster, Waldeigentümer, Jäger und Behörden, sich gemeinsam für die Waldverjüngung einzusetzen.

Der schweizerische Forstverein (SFV) ruft daher in seinem Positionspapier „Unser Wald braucht die Jagd!“ Jagdbehörden und Jäger dazu auf, mit der Jagd dafür zu sorgen, dass Wildhuftiere wie Reh, Rothirsch und Gämse eine natürliche und artenreiche Waldverjüngung ohne teure Schutzmassnahmen zulassen. Der SFV steht klar hinter der Milizjagd im Revier- und Patentsystem. Er fordert aber, dass der Zustand der Waldverjüngung in die Abschussplanung einfliessen muss. 

Doch nicht nur die Jäger werden in die Pflicht genommen. Auch Forstbehörden und Waldeigentümer sollen durch eine nachhaltige Waldbewirtschaftung mit hoher Baumartenvielfalt für verjüngungsfreundliche Bedingungen sorgen. Mit Jagd allein verjüngt sich der Wald nicht. Nur durch konstruktive Zusammenarbeit aller Akteure kann das Ziel eines Waldes, der alle Waldfunktionen erfüllt, erreicht werden.

Mehr dazu auf der SFV-Homepage

» Schweizerischer Forstverein SFV

» Positionspapier SFV

Wald

Der Schweizer Wald bedeckt 1,31 Mio. Hektaren oder 32 Prozent der Schweiz. 71 Prozent des Waldes gehören öffentlichen Eigentümern (Kantone, politische oder Bürgergemeinden), 29 Prozent gehören rund 250’000 privaten Personen. Der freie Zutritt ist gesetzlich garantiert. Der Schweizer Wald steht für gelebte Nachhaltigkeit: Es wird nicht mehr Holz genutzt als nachwächst. Die Waldfunktionen (Rohstoff, Schutz, Erholung, Lebensraum) sind dauernd aufrechtzuerhalten. Pro Jahr wachsen im Schweizer Wald rund 9,7 Mio. Kubikmeter Holz oder pro Sekunde ein Würfel von 67 cm Kantenlänge.

Der Aargau ist ein Waldkanton. Er zählt zu den waldreichsten Kantonen der Schweiz: Ein Drittel der Kantonsfläche ist mit Wald bedeckt. Die Waldrandlänge beträgt 4’000 Kilometer.

Waldkompass Aargau

Unser Wald erbringt zahlreiche Funktionen. Mit www.waldkompass-aargau.chwollen der Aarg. Waldwirtschaftsverband und alle Waldeigentümer und Forstbetriebe die Sehenswürdigkeiten Aargauer Wald näherbringen und sichtbar machen. Hier finden Waldbesucherinnen und Waldbesucher Ausflüge, Wanderungen und Trouvaillen im Aargauer Wald. Darunter finden sich spannende Aussichten, schöne Waldweiher, Feuerstellen und Waldhäuser, Türme usw. Und Wald interessierte finden weitere Informationen über das vielfältige Angebot der Aargauer Waldeigentümer.

Die Informationsplattform waldkompass-aargau.ch soll die Werte und Leistungen des Aargauer Waldes wie Holz, Erholung, Lebensraum und Trinkwasser sichtbar und vor allem erlebbar machen.

Mit der GPS-Tracks-App für die Mobil-Geräte können die Informationen direkt im Wald auf das Smartphone geholt werden. Ist das Gerät mit einem GPS-Empfänger ausgerüstet, so wird der Benutzer direkt an den erwünschten Ort gelotst.


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